0541 40 69 40

dr stefanie frohnecke anwaelte

Veröffentlichungen von Dr. Stefanie Frohnecke

Kündigung während Urlaubszeit oder Krankheit zulässig?

Von Dr. Stefanie Frohnecke – Wer als Arbeitnehmer eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses erhält und diese im Wege einer Kündigungsschutzklage

gerichtlich auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen lassen will, hat eine solche Kündigungsschutzklage gemäß § 4 KSchG innerhalb von 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung beim Arbeitsgericht einzureichen.

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich kürzlich u.a. mit der Frage zu beschäftigen, ob ein an die Heimatanschrift des Arbeitnehmers gerichtetes Kündigungsschreiben diesem selbst dann zugehen kann, wenn der Arbeitgeber von einer urlaubsbedingten Ortsabwesenheit Kenntnis hat.

Im vorliegendem Fall hatte sich der Arbeitnehmer mit Wissen des Arbeitgebers vom 12.06. bis zum 27.06.2009 im Erholungsurlaub befunden. Am 25.06.2009 hatte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer an seine Heimatanschrift eine außerordentliche Kündigung zustellen lassen. Gegen diese Kündigung erhob der Arbeitnehmer am 17.07.2009 Kündigungsschutzklage, also einen Tag nach Ablauf der gesetzlichen Frist.

Diese Kündigungsschutzklage hat er aufgrund Kenntnis dessen sogleich verbunden mit einem Antrag auf nachträgliche Klagezulassung, was das Bundesarbeitsgericht aber im Ergebnis für unbegründet erachtete. Der Arbeitnehmer hatte zur Begründung der nachträglichen Klagezulassung trotz Fristablaufs vorgetragen, er sei erst am 27.06.2009 aus dem Urlaub zurückgekehrt, das Kündigungsschreiben sei am 25.06.2009, also während seiner Abwesenheit eingegangen, weshalb er aufgrund seiner erstmaligen Kenntnis hiervon am 27.06.2009, die 3-Wochen-Frist gemäß § 4 KSchG nicht versäumt habe. Das Bundesarbeitsgericht folgte diesem Vortrag nicht (BAG, Urt. v. 22.03.2012 -2 AZR 224/11).

Nach dortiger Auffassung sei ein Einwurf in den Hausbriefkasten ausreichend, um den Zugang der Kündigung zu bewirken. Der Zugang ist dann geschehen, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist es unerheblich, ob und wann der Empfänger die Erklärung tatsächlich zur Kenntnis nimmt und ob er daran durch Krankheit, zeitweilige Abwesenheit oder Urlaub gehindert war. Dies gelte nach den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts selbst dann, wenn dem Arbeitgeber die urlaubsbedingte Ortsabwesenheit bekannt ist. Vielmehr führt er aus: „Da dem Arbeitgeber die Urlaubsanschrift des Arbeitnehmers nicht bekannt war, liegt auch kein treuwidriges Verhalten des Arbeitgebers nach § 242 BGB vor, welches ausnahmsweise zugangshemmende Wirkung entfalten könne."

Nach allgemeiner Verkehrsanschauung war daher auch damit zu rechnen, dass der Arbeitnehmer auch am 25.06.2009 Kenntnis erlangen konnte, weshalb die Frist zur Klageerhebung mit Ablauf des 16.07.2009 verstrichen war. Hierdurch bestätigt das Bundesarbeitsgericht seine ständige Rechtsprechung zum Zugang von Willenserklärungen im Arbeitsverhältnis, auch wenn viele Beschäftigte nach wie vor im Glauben sind, dass Kündigungen während der Krankheit oder eines Erholungsurlaubs grundsätzlich unzulässig sind.

Vielmehr bestätigt das Bundesarbeitsgericht auch seine bisherige Ansicht, dass Kündigungen bei einem Einwurf in den Hausbriefkasten noch am selben Tag zugehen, sofern der Einwurf um die Mittagszeit erfolgt. Wo genau die zeitlich Grenze für einen Zugang am Einwurfstag liegt, ist noch nicht höchstrichterlich entschieden. Arbeitnehmer sollten daher in jedem Fall wissen, dass ihnen auch bei Krankheit oder Ortsabwesenheit gekündigt werden kann. Sie müssen sehr genau darauf achten, dass sie innerhalb von 3 Wochen nach tatsächlichem Zugang, z. B. im Hausbriefkasten, eine Kündigungsschutzklage erheben müssen, um ihre Rechte wahren zu können.

Autorin: Rechtsanwältin Dr. Stefanie Frohnecke, Osnabrück